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Donnerstag, 6. Dezember 2012, 19:00 Uhr

20. Fuhlsbüttler Filmtage

Franz-Josef Degenhardt:
Romanverfilmungen

Infoarchiv Norderstedt / nko | Franz Josef Degenhardt hat die politische Kultur der Linken in diesem Land in den letzten vierzig Jahren mit seinen Liedern stark geprägt. „He, Väterchen Franz, sag du wie es ist, erzähle die Geschichte, erzähle sie ganz!“ Sein Tod im vergangenen Jahr hat tief betroffen gemacht. Die 20. Fuhlsbüttler Filmtage wollen an sein Werk erinnern. Degenhardt hat 30 Alben veröffentlicht, ein Kinderbuch und sieben Romane geschrieben, von denen zwei verfilmt wurden: „Zündschnüre“ (1973) und „Brandstellen“ (1976). Beide Romane thematisieren deutsche Geschichte von 1944 bis Mitte der siebziger Jahre.

Achtung, Termine geändert!
Donnerstag, 6.12.2012, 19.00 Uhr

Zündschnüre, Spielfilm s/w, BRD 1974, Regie: Reinhard Hauff, Produzent: WDR, Drehbuch: Burkhard Driest. Mitwirkende: Michael Olbrich, Kurt Funk, Bettina Porsch, Thomas Visser, Tana Schanzara u.a.

Freitag, 7.12.2012, 19.00 Uhr
Brandstellen, Spielfilm, DDR 1977, Regie: Horst E. Brandt, Produzent: DEFA-Studio für Spielfilme, Drehbuch: Gerhard Bengsch. Mitwirkende: Dieter Mann, Heidemarie Wenzel, Wolfgang Dehler, Ezard Haußmann, Petra Hinze u.a.
Benno Finkelmeyer singt Lieder von Franz Josef Degenhardt. Beide Veranstaltungen finden im Grünen Saal, Im Grünen Grunde 1, unweit Bahnhof Ohlsdorf, statt. Veranstalter ist die Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt e.V., Im grünen Grunde 1, 22337 Hamburg, (040) 591107.

Der Film „Zündschnüre“ geht auf den gleichnamigen Debüt-Roman von Franz Josef Degenhardt zurück, der 1973 erschien. Darin schildert Degenhardt den antifaschistischen Widerstand von Kommunisten und Sozialdemokraten in einer Kleinstadt im Ruhrgebiet von 1944 bis zum Kriegsende 1945. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen fünf Jugendliche. Sie nehmen die täglichen Repressionen der Nazis gegen ihre Familien nicht mehr hin und leisten auf ihre Art Widerstand. Die fünf „antifaschistischen Lausbuben“ (Rolf Becker im "Spiegel') verstecken Flüchtlinge in Höhlen, übernehmen Kurier- und Kundschafterdienste für die örtliche Widerstandsgruppe und ärgern die HJ. Der Roman ist durchzogen von skurrilen Typen und Geschichten, so dass auch das Humoristische nicht zu kurz kommt. Dazu gibt es reichlich Schabau, also Schnaps, denn Bier ist knapp. Unverkennbar ist, dass Degenhardt viel Autobiografisches verarbeitet hat. Schließlich stammt er selbst aus dem Ruhrpott. Ihm ist es mit dem Buch gelungen, eine Geschichte zu erzählen, die dem antifaschistischen Widerstand nicht die Opferrolle zuweist. Die moralische Überlegenheit der Antifaschisten schlägt sich auch in ihrem persönlichen Überleben nieder. Degenhardt veranschaulicht, dass Widerstand nicht immer mit dem Tod enden musste. Der Roman „Zündschnüre“ findet großes Leserinteresse und war 1973 mehrere Monate in der Bestseller-Liste des "Spiegel" vertreten. Zwischen 1973 und 2006 ist der Roman „Zündschnüre“ in mehreren Verlagen, dabei zum Teil in zahlreichen Auflagen, zudem in drei Übersetzungen (Finnisch, Tschechisch, Dänisch) erschienen. Allein der Rowohlt-Verlag lässt bis zum Jahr 2010 knapp 100.000 Exemplare drucken. Der Regisseur Reinhard Hauff und sein Drehbuchautor Burkhard Driest haben aus Degenhardts Roman einen schwarz-weißen Fernsehfilm im Stil des Neorealismus und der frühen DEFA-Produktionen geschaffen. Der Hamburger Schriftsteller Hermann Peter Piwitt schreibt über den Film, dass Hauff und Driest „aus den ‚Zündschnüren‘ ... einen ernsten, schönen und aktuellen proletarischen Film gemacht“ hätten.

Im Film „Brandstellen“ nach dem zweiten gleichnamigen Roman Franz Josef Degenhardts wird die Geschichte eines linken und erfolgreichen Hamburger Anwalts erzählt. Er heißt Bruno Kappel und ist Degenhardts Alter Ego, der seine Politisierung während der Außerparlamentarischen Opposition und seinen Eintritt in die DKP Mitte der 70er Jahre nachvollzieht. Buch und Film sind als Auseinandersetzung um politisches Engagement in der BRD zu verstehen. Anhand der politischen Entwicklung einzelner Personen werden die unterschiedlichen Entwicklungsmuster der Außerparlamentarischen Opposition dargestellt: Radikalisierung und bewaffneter Kampf, die Etablierung in der bürgerlichen Gesellschaft als Marsch durch die Institutionen und Engagement in Bürgerinitiativen sowie die Renaissance kommunistischer Partei- und Basisarbeit. Degenhardt knüpft dabei an seinen Roman „Zündschnüre“ an. Die „antifaschistischen Lausbuben“ sind erwachsen geworden und Bruno Kappel, der zur Goldenen Hochzeit seiner Eltern ins Ruhrgebiet zurückkehrt, reiht sich in ihren Widerstand gegen Militarisierung der Region ein. Gleichzeitig sucht er nach seiner ehemaligen Freundin Karin Kunze, die sich dem bewaffneten Kampf verschrieben hat und vertritt sie als Rechtsanwalt. Karin wird wegen einer Schießerei mit der Polizei gesucht. Der zuständige Staatsanwalt, Baller, früher ebenfalls Anarchist, fürchtet, dass seine Vergangenheit bekannt wird, wenn Karin gefasst wird und er sie anklagen muss. Deshalb bittet er Kappel, sie zu suchen und ins Ausland zu schleusen. Während Kappel nach Karin forscht, begegnet er der Kommunistin Maria, gegen die als Lehrerin ein Berufsverbotsverfahren angestrengt wird. Er verliebt sich in sie und erlebt ihren gemeinsamen Kampf in einer Bürgerbewegung um die Rettung des Naherholungsgebiets „Klein Schweden“, das einem Truppenübungsplatz weichen soll. Kappel, hin und her gerissen zwischen verschiedenen politischen Entwicklungsmöglichkeiten, muss sich entscheiden. Der Regisseur des Films, Horst E. Brandt, beginnt seine Karriere als Kamera-Assistent im DEFA-Studio für Dokumentarfilme und wechselte später in den Spielfilmbereich. Mitte der 60er Jahre beginnt er als Spielfilmregisseur zu arbeiten. Seine erste Regiearbeit legt er mit dem TV-Film „I rrlicht und Feuer“ (1966) nach dem gleichnamigen Roman von Max von der Grün vor. Nach der Abwicklung der DEFA 1991 konnte Horst E. Brandt keinen Filmstoff mehr realisieren. Bis zu seinem Tod am 22. August 2009 lebt er in Potsdam.

Donnerstag, 6. Dezember 2012, 19:00 Uhr, Grüner Saal, Im Grünen Grunde 1, 22337 Hamburg