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Donnerstag, 28. Januar 2010, 1:00 Uhr

Wie nah ist Auschwitz?

Veranstaltung zum Tag der Befreiung von Auschwitz

Gekürzt aus einer Mitteilung des Trägervereins KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen | Als Hausherr ließ Bürgermeister Sünwoldt in seinem Grußwort keinen Zweifel daran, welche Bedeutung die Veranstaltung des Trägervereins der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen für ihn hat:

  • "Die Stadt Kaltenkirchen ist nicht nur Mitglied des Trägervereins, sondern stellt sich verantwortungsvoll der Geschichte. Dafür steht auch diese Veranstaltung hier im Ratssaal der Stadt. (...) In Verneigung vor den Opfern der Shoah, in Respekt vor der Trauer der heute noch lebenden Angehörigen und im Verantwortungsbewusstsein für das gesellschaftliche Miteinander aller künftigen Generationen in der Welt wünsche ich der Veranstaltung einen guten Verlauf."

Während Philipp Wentrup, Schüler des Gymnasiums Kaltenkirchen, mit seinem Cello den angemessenen musikalischen Rahmen der Veranstaltung schuf, stand der Vortrag von Gerhard Hoch im Mittelpunkt der Veranstaltung. Hoch versuchte, sich aus heutiger Sicht dem Geschehen vor mehr als 65 Jahren zu nähern. Wer könnte das besser als Gerhard Hoch, Jahrgang ´23, der als junger Mensch in die Zeit der Weimarer Republik hineingeboren wurde und der am eigenen Leibe erfahren hat, welche zerstörerische Kraft der Antisemitismus entfaltet.
Der Historiker fragte, woher die SS-Männer, die vielen Täter und Helfer gekommen waren. Waren sie allesamt kriminell veranlagte Sadisten gewesen? Nein, antwortete er sich anschließend selbst: Sie waren "ganz normale Männer, aufgewachsen und sozialisiert in "unseren Dörfern und Städten". Hoch wehrtt sich regelmäßig dagegen, immer nur von "den Nazis" als Täter zu sprechen. Die vielen Helfer aus dem "antisemitistischen Bodensatz" der von Deutschland unterworfenen Völker, die deutsche Wehrmacht, der deutsche Beamtenapparat, die Eisenbahner und Transporteure, die Behördenvertreter und Kirchenleute, alle, die das gigantische Unternehmen der systematischen Judenvernichtung erst möglich machten, waren das alles Nazis? fragte Gerhard Hoch. Die Wurzel des Übels sei der Antisemitismus gewesen, den nicht Hitler und seine Partei erfunden haben, sondern den sie vorgefunden hätten in der Gesellschaft der Weimarer Republik, in bürgerlichen Parteien, in vielen Gruppierungen, Verbänden und Vereinen. Zum Abschluss seines Vortrages zitierte Gerhard Hoch den israelischen Schriftsteller Avraham Burg, der die Toten sprechen lässt:

  • "Wir sind nur noch ein Haufen Asche. Haltet Euch nicht zu lange bei uns auf. Nehmt uns aber auf in Euer Gedächtnis. Tut heute denen, die leben, nur leben wollen, das an, was man uns versagt hat."

Gerhard Hoch am Rednerpult

Veröffentlicht in Geschichte