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Mittwoch, 11. Februar 2015, 11:03 Uhr

Von "Freifunk" bis "MobyKlick"

Freies WLAN verbreitet sich zügig

Comic-Zeichnung: Eine Frau mit Handy nutzt verschiedene Access-Points

Freifunk: So einfach kann es gehen (Screenshot von Freifunk Hamburg).

Infoarchiv Norderstedt | Mit einigem Aufwand bauen der Norderstedter Telekommunikationsdienstleister wilhelm.tel und sein Hamburger Kooperationspartner willy.tel derzeit ein öffentliches WLAN-Netz auf. Doch während "Moby Klick" in Norderstedt bereits läuft, könnte die bundesweite Freifunk-Bewegung derartige Projekte bald überflüssig machen.

Freifunk-Aufkleber auf einem Lichtmast in Norderstedt bei "Max und Moritz"

Auch in Norderstedt aktiv - die "Freifunk"-Bewegung (Foto: Infoarchiv).

Auf einen interfraktionellen Antrag hin, prüft der Bezirk Hamburg-Nord dieser Tage, "unter welchen Bedingungen Freifunk Hamburg Zugang zu den Dächern bezirkseigener oder vom Bezirk genutzter Gebäude zur fachgerechten Installation von WLAN-Repeatern erhält". Sowohl die Piratenpartei, als auch SPD, CDU, GRÜNE, LINKE und FDP befürworten das "Konzept des Freifunks" grundsätzlich. Macht der Bezirk seine Dächer frei, könnten so auf einen Schlag Dutzende neue Zugangspunkte für freies WLAN installiert werden. "In anderen Ländern wie beispielsweise Estland", begründet Markus Pöstinger (Piratenpartei) den Vorstoß, "hat man erkannt, dass Internet inzwischen zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört." Weil das Thema in Deutschland aber nur schleppend in Gang kommt, hat die Piratenpartei seit einiger Zeit die Freifunk-Bewegung im Visier. Ursprünglich in den Häuserschluchten Berlins und Londons gestartet, widmet die sich mittlerweile bundesweit dem Aufbau und Betrieb selbstverwalteter, lokaler Computer-Netzwerke als "freies Funknetz". 

Dabei stellen private Internet-Nutzer ihren persönlichen WLAN-Anschluss als öffentlichen "Access-Point" zur Verfügung. Tun das mehrere Nutzer in einem Wohnquartier, entsteht nach und nach ein lückenloses WLAN-Netz, auf das all diejenigen zugreifen können, die sich gerade hier aufhalten. Zumindest in städtischen Ballungsräumen könnte so schon bald ein Netzwerk entstehen, dass ohne weitere Installationskosten, unkontrolliert und auch ohne zusätzliche Gebühren einen flächendeckenden Internetzugang mit hohem Datenvolumen gewährleistet. Während in Norderstedt erst handgezählt drei solcher Punkte verzeichnet sind, haben in Hamburg schon mehr als 700 Nutzer ihren WLAN-Router öffentlich zugänglich gemacht.

Problem an der Sache: Noch müssen sich Freifunk-Mitstreiter mit der sogenannten "Störerhaftung" auseinandersetzen, soll heißen: mit ihrer rechtlichen Verantwortung für strafbare Inhalte, die über ihren Router bereitgestellt oder heruntergeladen werden - auch durch unbekannte Dritte. "Noch", weil die Störerhaftung bei weitem nicht ausgeurteilt ist und "noch", weil der Gesetzgeber schon seit Monaten damit schwanger geht, Betreiber offener WLAN-Netze vor Abmahnungen zu schützen. Die Beschränkung in ihrer heutigen Form, da sind sich die meisten Experten einig, wird jedenfalls schon sehr bald der Vergangenheit angehören.

Für die wilhelm.tel GmbH, eine Tochter der Norderstedter Stadtwerke, ist Freifunk dennoch kein kein Thema. Gerade hat das Unternehmen in Norderstedt unter dem Markennamen "MobyKlick" rund 800 eigene Access-Points geschaffen, versorgt damit nach eigenen Angaben bereits "die wichtigsten öffentlichen Bereiche" mit kostenlosem WLAN. "Wir bieten qualitätgesichertes Internet an", sagt wilhelm.tel-Sprecher Oliver Weiß zum Thema Freifunk, "und machen keine Kompromisse bei Bandbreite, Verschlüsselung und Abdeckung". Außerdem sei ein flächendeckender Ausbau für das städtische Unternehmen nur in eigener Regie von Interesse. "Mikrozellulare Netze", so Weiß, "können aus unserer Sicht nur von uns selbst organisiert werden."

Während "MobyKlick" in Norderstedt schrittweise auf 2.000 Access-Points ausgebaut werden soll, plant wilhelm.tel zusammen mit Partnern jetzt sogar die Versorgung der Metropolregion Hamburg. Etwa 27.000 Antennen müssten dafür installiert werden, Kostenpunkt: 250 bis 1.000 Euro pro Stück. Zudem würden jährlich zwischen 10 und 75 Euro für den Unterhalt der Geräte anfallen - also bis zu 2 Millionen Euro. Ob dieses Engagement in Zukunft überhaupt noch nötig ist, bezweifeln nicht nur die Freifunk-Aktivisten selber. Und noch etwas hebt Piraten-Politiker Pöstinger hervor: "Im Gegensatz zu kommerziellen Angeboten sind beim Freifunk auch versteckte Kosten ausgeschlossen, wie beispielsweise die Weitergabe oder Analyse von privaten Daten wie dem Surfverhalten."