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Dienstag, 25. Februar 2003, 1:00 Uhr

Massive Proteste gegen neues Kita-Gesetz

Vorwürfe gegen Kieler Landesregierung

Info Archiv | Hintergrund der Proteste: Das neue Kita-Gesetz führt in den Norderstedter Kindergärten zu einer Einbuße von rund 910.000 Euro, der Abbau von Hortplätzen und auch Arbeitsplätzen in den bestehenden Einrichtungen wird befürchtet.

Die Grüne Alternative Liste in Norderstedt (GALiN) hat Verständnis für die Sorgen der Eltern. "Auch wenn wir grundsätzlich für die Einführung der verlässlichen Halbtagsschule sind, weil es damit feste Schulzeiten für alle Kinder gibt, so ist mit dem derzeitigen Hauruck-Verfahren bei der Umsetzung niemandem gedient", kommentiert Vorstandssprecherin Anette Reinders die derzeitige Situation. "Wir haben hier in Norderstedt gewachsene Strukturen und modellhafte Einrichtungen für das ganze Land. Warum soll das auf einmal zerschlagen werden?" Schon gar nicht versteht die GALiN, warum nicht landesweit, wie hier in Norderstedt an der Pellwormschule und der Grundschule Niendorfer Strasse, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Hort so eng verzahnt wird, dass letztlich alle davon profitieren: Kinder, Eltern, Erzieher und Lehrer. Jahr für Jahr versuche die Landesregierung, sich aus der Verantwortung gegenüber den Kindern dieses Landes zu stehlen. Nur massiver Protest von Eltern hätte bislang Schlimmeres verhindert. Anstatt, dass die Kitakosten ständig wie eine heiße Kartoffel zwischen Land, Kreis und Stadt hin und her geschoben werden - mit dem Erfolg, dass ein Großteil dieser Kosten dann bei den Eltern abgeladen werden - sollte das Land Regelungen für eine gerechte Aufteilung der Kosten schaffen, die auch den Kreis als Träger der örtlichen Jugendhilfe stärker in die Pflicht nimmt.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Johannes Paustenbach (54) kritisierte die Pläne während der Veranstaltung in der Falkenbergkirche: "Das Geld wird vom Kreis verteilt, der einen Ermessensspielraum hat, doch den kennt keiner. Wir werden in Kiel Druck ausüben, damit das Gesetz nicht durchkommt." Sein CDU-Amtskollege Rainer Schlichtkrull (47) äußerte sich in ähnliche Richtung. Laut Schlichtkrull ist der Gesetzentwurf "völlig unausgegoren" und müsse "zurückgezogen werden". Die Bürgerpartei hingegen will zunächst eine Resolution in der Stadtvertretersitzung durchbringen, um den Kieler Gesetztesentwurf zu kippen. Ute Algier (62): "Mit uns wird es keine Beitragserhöhung geben", rief sie den Eltern zu.

Einzig Gerhard Nothaft (59) von der FDP zog sich den geballten Zorn der anwesenden Eltern zu, als der die Meinung vertrat, einige "Kita-Gruppen können durchaus zusammengelegt werden". Wiederum schwenkten die Protestierenden Transparente und buhten den Liberalen aus. Doch trotz der Solidaritätsadressen der übrigen ParteivertreterInnen wollte man auch ihnen nicht unbedingt über den Weg trauen: "Ich sehe fünf hilflose Politiker, die uns nicht weiterhelfen", äußerte sich etwa Serap Rauterberg (32), Mitbegründerin der "Elterninitiative gegen die Neuregelung der Finanzierung der Kindertagesstätten-Finanzierung" und verließ die Falkenbergkirche am Ende ebenso zornig, wie die meisten der 400 Eltern.

Die anstehenden Kürzungen sind nach Meinung der GAL Norderstedt insbesondere deswegen von katastrophaler Wirkung, weil ohnehin bereits zahlreiche Krippen- und Kindergartenplätze fehlen. Auch die Grüne Alternative Liste will den Protest der Eltern gegen die Novellierung des Kindertagesstättengesetzes deshalb weiterhin unterstützen. Zu diesem Zweck kündigte die Partei unter anderem ein Schreiben an, in dem die Landesregierung aufgefordert werden soll, keine Änderungen bei der Förderung der Kindertagsstätten vorzunehmen. Anette Reinders empfiehlt den protestierenden Eltern außerdem, "auf die Straße zu gehen, bis nach Kiel".

Dem folgten am 25. Februar zunächst rund 100 Betroffene in Norderstedt: Anläßlich eines Besuches von Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave (55) riefen ihr aufgebrachte Eltern entgegen: "Schämt Euch ! Diätenerhöhungen, aber für die Kinder ist kein Geld da". Unisono forderten die Betroffenen: "Erlassen Sie uns diesen Erlass !". Diese Emotionen konnte Erdsiek-Rave auch nicht herunterkochen, als sie von landesweit 25 neuen Stellen in den Grundschulen sprach - denn diese 25 Stellen werden wie selbstverständlich aus den Gymnasien abgezogen. Der Kommentar einer Demonstrantin: "Unglaublich ! Für die Grundschüler sind das immer noch viel zu wenig Lehrer und jetzt müssen auch noch die Gymnasien leiden."

Kontakt zur Elterninitiative über:
- Serap Rauterberg (040 - 522 38 87) und
- Stephan Albrecht (040 - 500 97 903)

Veröffentlicht in Soziales mit den Schlagworten Anette Reinders, CDU, FDP, GALiN, Norderstedt, Schule, SPD