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Dienstag, 17. Februar 2015, 16:42 Uhr

Im Einsatz für den Kommerz

Kreis Segeberg, Sporverband und kommunale Landesverbände werben für Olympia

Nicht alle sind "Feuer und Flamme"

Nicht alle sind "Feuer und Flamme", Bild: (N)Olympia

Infoarchiv Norderstedt | Kaum rührt Hamburgs Wirtschaft die Trommel, wollen alle dabei sein: Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Randkreise, der Städteverband Schleswig-Holstein und auch der Landessportverband werben für Olympia. Dabei ist völlig klar: Den hier lebenden Menschen bringt das Giga-Event rein gar nichts.

"Millardengeschäft mit geschönten Kosten"

 

.... . In einem Interview mit Radio Bremen, befürchtete der Olympia-Experte der Süddeutschen Zeitung schon im September, dass für die Olympiade ein ganz hoher Milliardenbetrag anfallen könnte und „das es in der Summe vielleicht sogar auf zweistellige Milliardenbeträge hinausläuft.“ Es läge im Interesse der Politik, die Kosten der Olympiade in der Bewerbungsphase so gering wie möglich zu halten, um die Bevölkerung an Land zu holen. „Aber da müssen ganz immense Beträge hinzugerechnet werden.

Die Warnung ist deutlich: "Ein Blick auf einige Austragungsstätten der Vergangenheit verdeutlicht, welche Folgen Olympische Spiele haben. In Barcelona wurden zu den Spielen 1992 angrenzende Stadtviertel und ein Großteil der Hafenfront umgestaltet. Rund um das olympische Dorf wurden 90% der dort lebenden Roma verdrängt. Neben steigenden Wohnkosten setzten heftige Touristifizierungs- und Gentrifizierungswellen ein, die das Stadtbild bis heute unwiderruflich prägen. Für Atlanta 1996 wurden 2.000 Sozialwohnungen abgerissen und 6.000 Mieter/innen zwangsgeräumt. Während der Wettkämpfe wurden über 9.000 Obdachlose in Gewahrsam genommen. Sydney verzeichnete zwischen 1993 und 2000 einen Anstieg der Mieten um 40%." Der diese Warnung ausspricht ist kein linksradikales Splittergrüppchen, sondern Stefan Hernádi in einem Artikel für die Zeitschrift der Berliner Mieter Gemeinschaft. Gemeinsam mit vielen anderen Gruppen engagiert die sich gegen eine Olympiade in Berlin und hält auch Hamburg als Austragungsort für abwegig.

Tatsächlich haben fast alle Olympia-Ausrichter der letzten Jahrzehnte mit negativen Folgen zu kämpfen, nimmt man einmal die kleine Oberschicht der Großunternehmer und Superreichen aus. Steigende Mieten, soziale Verdrängung und Infrastrukturruinen sind nur einige davon. Alleine die Bewerbung Berlins und Hamburgs soll je 50 Millionen Euro kosten, mindestens zwei Milliarden Euro die Durchführung der Spiele. Und die örtliche Wirtschaft? Die wird während des Mega-Events unter den mafiösen Werberichtlinien der Vermarkter leiden, die stets nur den offiziellen Partnern des Sport-Events Platz lassen. Mit Sport haben die Olympischen Spiele hingegen seit Jahrzehnten nichts mehr zu tun.

Nichtsdestotrotz sind inzwischen zahlreiche Verbände in Schleswig-Holstein auf den Olympia-Zug aufgesprungen, laufen den Vermarktern nach, wie ein Pferd der vorgehaltenen Möhre. "Eine Austragung der Olympischen Spiele böte nicht nur dem Standort Hamburg die Chance, sich mit seinem einmaligen Konzept der Welt zu präsentieren und von der geschaffenen Bekanntheit über Jahre zu profitieren", jubiliert die AG Metropolregion. Auch den Menschen in den Kreisen und kreisfreien Städten im Umland "böte eine Austragung in vielerelei Hinsicht Vorteile." Welche genau das sein sollen? Keine Angabe. Und was Norderstedt oder der Kreis Segeberg - abgesehen von noch höheren Mieten - von der Bekanntheit der Olympia-Stadt Hamburg haben soll? Kein Hinweis. Um die Unterstützung der Hansestadt dennoch voranzutreiben, trafen sich Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft, Sport und Gesellschaft heute zu einer zentralen Informationsveranstaltung im Kulturwerk am See im Norderstedter Stadtpark. "Die Stimmung in und um Hamburg", so der Landessportverband und die kommunalen Verbände in ihrer Einladung, "werden einen entscheidenden Einfluss darauf haben, ob die Wahl auf Hamburg fällt."

Momentan scheint diese Rechnung aufzugehen - in Umfragen jedenfalls erzielt Hamburgs Olympia-Bewerbung Zustimmungsraten von bis zu 75 Prozent. Bleibt abzuwarten, ob die bislang überschaubare Schar der OIympia-Gegner in den nächsten Monaten noch wächst und ob den Verantwortlichen der Bewerbung die richtigen Fragen gestellt werden. Denn sonst könnten die Befürchtungen Hernádis am Ende wahr werden: "Denjenigen, die bereits jetzt mit Armut, Obdachlosigkeit, unbezahlbaren Mieten und Verdrängung zu kämpfen haben, bringen Olympische Spiele nichts als noch mehr Ärger und Belastung, sowohl in Hamburg als auch in Berlin."

Veröffentlicht in Kommunalpolitik mit den Schlagworten Kreis Segeberg, Kulturwerk, Norderstedt, Olympia 2024