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Dienstag, 11. November 2014, 10:49 Uhr

Friedhof Schleswig-Holstein-Straße

Acht Unfalltote in zwei Jahren - reagieren jetzt endlich die Behörden?

Rot-weißes Flatterband, Aufschrift "Polizeiabsperrung". Im Hintergrund ein LKW

"Polizeiabsperrung": Hier starben am Samstag zwei Menschen, vermutlich durch überhöhte Geschwindigkeit (Foto: Infoarchiv).

Infoarchiv Norderstedt | Schon wieder die Schleswig-Holstein-Straße! Vermutlich wegen überhöhter Geschwindigkeit geriet am Samstagvormittag ein 625-PS-starker Sportwagen in den Gegenverkehr. Sowohl der mutmaßliche Raser, als auch der Fahrer eines entgegenkommenden Kleinwagens starben.

Tempo-60-Schild an der Schleswig-Holstein-Straße

Vom Ochsenzoll-Tunnel bis kurz vor den Arriba-Parkplätzen gilt Tempo 60, das Limit wird aber nur teilweise eingehalten (Foto: Infoarchiv).

Es war ein echter Horrorcrash, den die Hilfskräfte da am Samstagvormittag vorfanden. Gegen 10.30 Uhr war ein Sportwagen der Marke MacLaren Spider kurz hinter dem Tunnel am Knoten Ochsenzoll in den Gegenverkehr gerast und dort ungebremst mit einem Opel Corsa zusammengeprallt. Der Kleinwagen wurde an der Fahrerseite getroffen und auf den Geh- und Radweg geschleudert, sein 57 Jahre alter Fahrer war sofort tot. Der MacLaren landete gegenüber im Knick, unmittelbar vor dem Spielplatz eines Kindergartens.

Der Fahrer des mehr als 200.000 Euro teuren Sportwagens, der 26jährige Autohändler Jakob N., hatte den Sohn eines potentiellen Käufers mit im Wagen. Der 8jährige erlitt auf dem Beifahrersitz schwere Verletzungen, schwebt aber inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr. Warum er mit im Wagen saß und weshalb genau das Fahrzeug in den Gegenverkehr geriet, blieb zunächst unklar. Sehr wahrscheinlich aber handelt es sich erneut um einen Fall überhöhter Geschwindigkeit. Auf diesem Abschnitt der Schleswig-Holstein-Straße ist lediglich Tempo 60 erlaubt - kaum vorstellbar, dass ein Fahrzeug bei dieser Geschwindigkeit von der Fahrbahn getragen wird, ohne zu bremsen in den Gegenverkehr gerät und derart verheerende Wirkung entfaltet.

Schleswig-Holstein-Straße: Acht Tote in zwei Jahren

  • 19. Februar 2014: Zwei 46 und 51jährige Männer sterben, als ihr PKW in Höhe der Einmündung "Am Exerzierplatz" von der Schleswig-Holstein-Straße abkommt und gegen einen Baum prallt.
  • 29. Dezember 2013: Der Fahrer eines Ferrari Spider biegt - vermutlich mit zu hoher Geschwindigkeit - aus der Poppenbütteler Straße in die Schleswig-Holstein-Straße ein, verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und kollidiert mit einem entgegenkommenden Kleinwagen. Die Begleiterin des Unfallfahrers (57) und die Fahrerin des Kleinwagens (58) sterben, der Unfallverursacher erlitt nur leichte Verletzungen.
  • 9. Juli 2013: Ein Motorradfahrer (19) gerät nach dem waghalsigen Überholmanöver eines vor ihm fahrenden PKW auf die Gegenfahrbahn und prallt mit einem entgegen kommenden Transporters zusammen und stirbt noch am Unfallort.
  • 9. Oktober 2012: Eine 49jährige fährt Schlangenlinien auf der SH-Straße und fährt dabei frontal in einen Linienbus. Sie stirbt noch am Unfallort.

Obwohl es auf der 1957 gebauten Umgehungsstraße immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen mit zuletzt acht Toten kommt, tun sich die zuständigen Behörden bislang mehr als schwer, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein Problem dabei: Die Schleswig-Holstein-Straße, oder auch "L 284" ist eine Landesstraße, für die in wesentlichen Punkten der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr und damit der Verkehrsminister in Kiel zuständig ist. Die Verkehrsüberwachung hingegen ist Sache des Kreises. Und beide reißen sich, um es vorsichtig auszudrücken, bislang nicht unbedingt ein Bein aus, um die Sicherheit auf der Unfallstraße zu erhöhen.  

Für Detlev Grube, Fraktionsvorsitzender der Norderstedter GRÜNEN, ist das nach dem neuerlichen Horror-Crash nicht länger hinnehmbar. "Wenn Norderstedt hier tatsächlich keinerlei Handlungsmöglichkeiten haben sollte, dann müssen wir doch alle loslaufen und gemeinsam in Richtung Landrat und Verkehrsminister handeln." Schon nach dem letzten tödlichen Unfall auf der Nord-Süd-Trasse hatten die Grünen Maßnahmen gefordert, unter anderem die Installation einer Ampel in Höhe der Einmündung "Am Exerzierplatz". Dort wird in wenigen Monaten die Gemeinschaftsschule eröffnet, ohne dass die SchülerInnen eine sichere Querungsmöglichkeit über die Umgehungsstraße hätten. Außerdem kann Grube sich eine mit mehreren Radarfallen bewehrte Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 60 vom Kreisel bis zur Einmündung der Poppenbütteler Straße vorstellen.

Dabei hätte er wohl auch große Teile von Politik und Verwaltung auf seiner Seite. Etwa Hauke Borchardt, den Pressesprecher der Stadt. "Mit Schildern alleine werden wir das Problem nicht lösen", sagt der zwar, erinnert aber gleichzeitig daran, dass die Stadt schon seit Monaten die Übernahme der Verkehrsüberwachung fordert - beispielsweise um mit Radarfallen an der Schleswig-Holstein-Straße tätig zu werden. Und auch die Ampel wäre schon lange in Arbeit, wenn Landesbetrieb und Ministerium nicht beide Maßnahmen durch Nichtbefassung ausbremsen würden.

Holzkreuz mit Namen eines Unfallopfers an der Schleswig-Holstein-Str.

Das zweite von acht Opfern: Am 9. Juli fällt ein junger Motorradfahrer dem rabiaten Überholmanöver eines Autofahrers zum Opfer (Foto: Infoarchiv).

Während im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie kurzfristig keine Stellungnahme zu erhalten war, sieht man bei der Norderstedter Polizei, in Sachen Unfallschwerpunnkt L 284 lange eher zurückhaltend, mittlerweile Handlungsbedarf:"Man kann nicht mehr von der Hand weisen", so deren Verkehrsexperte Kai Hädicke-Schories, "dass die Schleswig-Holstein-Straße von Einigen benutzt wird, die mit ihren Fahrzeugen imponieren oder auch etwas demonstrieren wollen." Bei der Frage nach konkreten Maßnahmen bleibt der Polizeisprecher jedoch vage, beurteilt den möglichen Einsatz von festen Radarfallen skeptisch. Nur dass "da irgendetwas nachkommen muss", so Hädicke-Schories, "ist klar.